Rainbow Rowell: „Fangirl“


Ich lese gerne. Ich lese zwar nicht mehr so viel und meist auch nicht mehr so schnell wie früher, aber ich lese wirklich sehr sehr gerne. Ich habe auch oft das Gefühl, gute Bücher zu lesen, Bücher, die mich unterhalten, die mich etwas lehren oder die mich in irgendeine Art und Weise rühren. Und oft lese ich Bücher, bei denen ich mir denke, dass sie mich irgendwie vollständig machen, als könnte ich erst wirklich ich selbst sein, nachdem ich dieses Buch gelesen habe. Das klingt jetzt vermutlich sehr eigenartig und wieder einmal viel zu dramatisch und es ist irgendwie auch eigenartig und dramatisch, aber es fühlt sich manchmal so an, als wäre ein klitzekleines Puzzleteil an seinen Platz gewandert, nur weil ich genau dieses Buch gelesen habe. Und bei „Fangirl“ von Rainbow Rowell erging es mir auch so.

FangirlInhalt: Cath and Wren are identical twins, and until recently they did absolutely everything together. Now they’re off to university and Wren’s decided she doesn’t want to be one half of a pair anymore – she wants to dance, meet boys, go to parties and let loose. It’s not so easy for Cath. She’s horribly shy and has always buried herself in the fan fiction she writes, where she always knows exactly what to say and can write a romance far more intense than anything she’s experienced in real life. Without Wren Cath is completely on her own and totally outside of her comfort zone. She’s got a surly roommate with a charming, always-around boyfriend, a fiction-writing professor who thinks fan fiction is the end of the civilized world, a handsome classmate who only wants to talk about words . . . And she can’t stop worrying about her dad, who’s loving and fragile and has never really been alone. Now Cath has to decide whether she’s ready to open her heart to new people and new experiences, and she’s learning that there’s more to learn about love than she ever thought possible . . .

Meinung: Müsste ich das Buch nur mit wenigen Adjektiven beschreiben, wären warmherzig, liebenswürdig, humorvoll ganz vorne mit dabei, aber um ehrlich zu sein – es gibt gar keine wirklichen Adjektive, um dieses Buch angemessen beschreiben zu können. Nachdem ich das Buch ausgelesen hatte, habe ich ungefähr allen Leuten in meinem näheren Umfeld in den Ohren gelegen und gesagt, dass ich das Buch so fantastisch fand, dass es mein Herz ein wenig höher schlagen lässt wenn ich nur kurz daran denke – aber auf die Frage „Was ist denn in dem Buch genau passiert, dass es dir so gut gefallen hat?“ konnte ich dann ehrlich gesagt doch keine Antwort geben. Einerseits, weil ich generell sehr schlecht darin bin, den Inhalt eines Buches kurz und präzise zusammenzufassen, zum anderen aber auch, weil gar nicht sooo viel in dem Buch passiert ist – und trotzdem hat es etwas geschafft, was nicht viele Bücher schaffen – es hat sich in meinem Herz eingenistet und ich möchte es immer und immer wieder lesen.

“In new situations, all the trickiest rules are the ones nobody bothers                     to explain to you. (And the ones you can’t Google.)”

Hauptfigur dieses Romans ist Cath, sie und ihre Zwillingsschwester Wren beginnen ihr erstes Jahr am College – allerdings nicht wie sonst gemeinsam und unzertrennlich, sondern auf komplett unterschiedlichen Campussen (ist das die korrekte Mehrzahl von Campus?). Doch nicht nur räumlich entfernen sich die Schwestern voneinander, auch ihre Interessenlagen verschieben sich komplett – während die introvertierte Cath den Großteil ihres Tages in ihrem Wohnraum verbringt und Fanfictions schreibt, feiert Wren ausgelassene Partys, betrinkt sich und bändelt mit verschiedenen Jungs an. Cath versucht den Alltag am College zu überstehen, indem sie sich in die fiktive Welt von Simon Snow, einer Romanfigur, flüchtet und an ihrer persönlichen Vollendung der Geschichte um den Zauberer arbeitet, die im Internet großen Anklang findet und von mehreren tausend Menschen gelesen wird.

Cath hat mich irgendwie stark an mich selbst erinnert. Vielleicht, weil sie ein richtiger „Internetmensch“ ist, so wie ich es auch bin, vielleicht, weil sie so gerne schreibt und auch liest, vielleicht, weil sie sozialen Interaktionen mit (fremden) Menschen vorzugsweise aus dem Weg geht oder weil sie häufig still und in sich zurückgezogen ist. Cath ist authentisch, sympathisch, liebenswürdig. Ich finde es überwältigend, wie toll all die Charaktere waren – allen voran eben Cath, aber auch ihre Mitbewohnerin Reagan oder Levi und vor allen Dingen auch Cath’s und Wren’s Vater – dieses Buch war einfach von der ersten Seite an wie ein wunderbarer Spaziergang im Sonnenschein mit netter Begleitung, alles hat gepasst und man hatte an keiner Stelle das Gefühl der Schuh würde drücken oder das Wetter würde ins Negative umschlagen. Falls meine Metapher in irgendeiner Art und Weise Sinn macht. Was ich versucht habe zu sagen: Dieses Buch war einfach großartig.

„To really be a nerd she’d decided, you had to prefer                                          fictional worlds to the real one.“

Und jetzt kommt noch der Knüller: Ich, die ich wirklich seit der 12. Klasse Englischunterricht kein englisches Buch mehr angerührt habe – habe mich gewagt und dieses Buch auf Englisch gelesen. Ich dachte wirklich immer, mein Englisch wäre katastrophal (und zumindest mündlich weiß ich auch mit aller Gewissheit das dem so ist), aber bei „Fangirl“ habe ich nicht einmal gemerkt, dass ich gerade ein englisches Buch lese. Ich war so in die Handlung und den Roman vertieft, dass es sich anfühlte, als würde ich ein deutsches Buch lesen – keine Verständnisprobleme, keine Vokabelprobleme – ich bin noch immer ganz baff. Rainbow Rowell hat die Geschichte von Cath in einem so lockeren, entspannten Tonfall geschrieben, der sich so leicht und angenehm lesen ließ, dass ich noch immer gänzlich überwältigt bin, wie schnell sich dieser Roman doch weglesen ließ. Es war ein richtiges Wohlfühlbuch – trotz unangenehmer Momente oder Momente, in denen man mit Cath litt, hatte ich nicht eine Sekunde lang das Bedürfnis, das Buch beiseite zu legen.

Noch einige Worte zur Liebesstory – denn wir alle wissen ja, ein richtiges Jugendbuch kann ohne Liebesgeschichte überhaupt nicht auskommen: Natürlich geht es auch in Fangirl und Liebe. Einerseits um die, die Cath sich während des Schreibens ihrer Fanfiction zwischen Simon Snow und seinem Erzfeind Baz ausgedacht hatte, aber natürlich auch um die Liebe, die Cath selber am eigenen Leib erfährt – eine romantische, herzerwärmende Liebe, die nicht kitschig, sondern einfach nur wunderschön war und die ich Cath von ganzem Herzen gegönnt habe.

„You kissed him, right? The only question is,                                                                      do you want to kiss him again?“

Eine Sache gibt es noch, die ich etwas zu bemängeln habe: Wieso zum Teufel vergeht das Ende immer so schnell? Ich habe glaube ich ein ernsthaftes Problem damit, dass gute Bücher aufhören – ich lag ungelogen eine halbe Stunde apathisch im Bett und habe auf mein Kindle gestarrt, weil ich nicht glauben konnte, dass es doch schon wieder vorbei ist. Klar kam es jetzt nicht sonderlich überraschend (schließlich muss jedes Buch einfach mal aufhören), aber irgendwie kam es mir doch eine Spur zu ruckartig und ich hätte mir gerne noch wenigstens einen kleinen Epilog oder so gewünscht. Oder vielleicht einen zweiten Teil…? Ich wäre zumindest sofort dabei.

Fazit: Dieses Buch wird die Literaturwelt keinesfalls auf den Kopf stellen und es wird auch keine Leben verändern oder die Welt verbessern. Letztendlich ist es eine der vielen Coming-of-Age-Storys – Mädchen geht auf’s College, Mädchen ist einsam, Mädchen flüchtet sich ins Internet, Mädchen lernt Jungen kennen – aber das ganze Drumherum, das wie diese Geschichte vermittelt wurde, die liebevoll ausgearbeiteten Charaktere, die humorvolle, flüssige Sprache, die Gedanken, die Cath mit uns teilt – das macht dieses Buch doch zu etwas ganz besonderem. Ich hatte schon lange nicht mehr eine so wunderbare Jugendgeschichte gelesen und kann dieses wunderbare Lesevergnügen, welches auf dem Kindle sogar nur vier Euro und ein paar Zerquetschte kostet, wirklich jedem empfehlen, der genauso auf Coming-of-Age-Geschichten steht, wie ich es tue. Ich für meinen Teil bin Fangirl von „Fangirl“ – und ich glaube, ich werde jetzt erstmal nachsehen, ob es nicht sogar schon Fanfictions zu „Fangirl“ gibt.

„There are other people on the Internet. It’s awesome. You get all the benefits of ‚other people‘ without the body odor and the eye contact.“

 

4 Kommentare zu „Rainbow Rowell: „Fangirl“

  1. Du weißt gar nicht, wie toll ich das finde, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat! <3 Ich konnte bei jedem Satz nur zustimmend nicken. Vor allem, was du am Anfang geschrieben hast, dass das Buch einen irgendwie kompletter macht, das ging mir ganz genauso bei Fangirl! Cath ist einfach so herrlich.. wie man selbst, wenn man ein Mensch ist, der gerne in fiktiven Geschichten und im Internet lebt. Ich konnte mich stellenweise so gut mit ihr identifizieren, sie war einfach toll.
    Jetzt hab ich Lust, Eleanor & Park zu lesen :D

    1. Au ja, „Eleanor & Park“ möchte ich auch unbeeeedingt demnächst lesen, ich wette, das ist mindestens genauso gut wie „Fangirl“! Wobei ich auch jetzt schon wieder Lust darauf hätte, „Fangirl“ noch einmal zu lesen, weil es mir einfach so unglaublich gut gefallen hat…:D

Hinterlasse eine Antwort zu fruehlingsmaerchen Antwort abbrechen